61 Der Nil

Der Nil entspringt in Afrika, das wussten schon die alten Griechen.

Doch wo, das wussten sie nicht und nannten die Mondberge als Quelle des mächtigen Stroms. Die Römer hingegen suchten vergeblich nach den Quellen des mächtigen Flusses. ‚Caput Nili quaerere‘, nach den Quellen des Nils suchen, bedeutete für sie, etwas Sinnloses zu unternehmen.

Nil in UgandaDoch der koloniale Run auf Afrika Ende des 19. Jahrhunderts machte diese Frage zum wichtigsten Rätsel der damaligen Zeit. Unzählige Abenteurer und Forschungsreisende machten sich auf, um die Quelle des Nils zu erforschen.

Als am 28. Juli 1862 John Hanning Speke als erster Europäer sah, dass sich das Wasser des Victoria Sees über die Ripon Falls in den Nil ergossen, glaubte er die Quelle des Nils entdeckt zu haben. Rund 3 km stromabwärts fand er die Owen Falls.

Seither gilt der Ausfluss des Victoriasees als offizielle Nilquelle.

Der Victoria Nil verlässt den See als unruhiges Gewässer. Die Wassermenge zwischen den Jahreszeiten variiert nur wenig. Zwar haben ihn die Staudämme beruhigt, aber ausserhalb der Stauseen ist er das, was er immer war: ein ungestümer Fluss mit Windungen, Stromschnellen und felsigen Inseln. Der Victoria Nil verlässt bei Jinja den Victoriasee und fliesst erst nach Norden in den Kale Kyoga. Er verlässt ihn im Westen, um im grossen Halbbogen in den Lake Albert zu fliessen. Dort umfliesst er nur eine Halbinsel und verlässt den See wieder als Weisser Nil in Richtung Norden.

Im Südsudan verliert sich der Nile orientierungslos im flachen Sumpfgrasland des Sudd. Im Norden des Südsudans sammelt er sich wieder und fliesst nach Khartum, um dort den Blauen Nil aus Äthiopien aufzunehmen. Als Nil fliessen die beiden Gewässer nach Norden, nehmen den Atbara (Schwarzer Nil) auf und treffen auf den Assuan Staudamm. Danach durchfliesst der Nil als Lebensspender die ganze Länge von Ägypten.

Für Ägypten war und ist der Nil eine Gabe Gottes.

Der Weisse Nil aus Uganda spendet durch seinen konstanten Wasserfluss Stabilität, der Blaue Nil aus Äthiopien bringt Hochwasser und Fruchtbarkeit.

Natürlich ist alles komplizierter. Von Ägypten aus führt ein klar definierter Flusslauf ins Herz von Afrika. Doch wie ein Baumstamm in tausend Wurzeln im Erdreich gründet, so verzweigt sich der Nil in mehrere Zuflüsse und Bäche. Ein riesiges Netzwerk aus Quellen speist das Wasser für den Nil. Über ein Dutzend Länder liefern Wasser in den Nil, rund 10% der Fläche Afrikas.

Wo also liegt die Quelle des Nils?

Die südlichste Quelle des Nils liegt in Burundi. Am Mount Gikizi nahe der Grenze zu Tanzania entspringt der Luvironza, der in den Ruvuvu fliesst. Der Ruvuvu fliesst in den Kagera, der sich seinerseits in den Viktoriasee ergiesst. Burundi ist stolz darauf, die Source du Nil zu sein und hat sogar eine kleine Denkmalpyramide dazu gebaut.

Natürlich geben die Nutzung des wertvollen Wassers immer wieder Diskussionen. Besonders Ägypten will seinen Wasserbedarf gedeckt wissen. Daher sind die Anrainerstaaten in der Nile Basin Initiative organisiert: one river, one people, one vision. Es gehören dazu Burundi, Rwanda, DR Congo, Tanzania, Uganda, Kenya, Äthiopien, Südsudan, Sudan und natürlich Ägypten.

So gut wie alles Wasser von Uganda gelangt letztendlich im Nil. Uganda ist wie ein riesiger Trog mit einem einzigen Abfluss: dem Weissen Nil.

 

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