5. Kirchen und Klöster, Häuser, Hütten und Zelte

Die architektonischen Leistungen beim Kirchen- und Hausbau haben bis anhin alle Besucher des Landes zu begeistern vermocht. Aus lokalen Baumaterialien erbaut, passen sie sich in ihrer Schlichtheit der Landschaft harmonisch an.

Zur Zeit herrscht allerdings Betonmanie und auf dem Lande sind Wellblechdächer äusserst beliebt. Viele Neubauten sind wenig durchdacht, unbequem und klimatisch schlecht konzipiert.

Von einer ganz besonderen Eindrücklichkeit sind die Felskirchen im nördlichen Hochland. Solche Kirchen, die gänzlich aus dem Sandstein-Fels gehauen sind, gibt es in der Provinz Tigre hunderte. Die bekanntesten sind jedoch die Felskirchen von Lalibela.

Vorwiegend Männerorden führen in den rund 800 Klöstern des Landes ein vom weltlichen Alltag abgeschiedenes, besinnliches Mönchsleben. Ähnlich den Felskirchen sind auch die Klöster den Landschaftsformen angepasst: Die festungsähnlichen Klausen der Mönche liegen auf unzugänglichen Plateauinseln (Amben) oder Felsterrassen. Viele Klöster können gar nur in waghalsigen Kletterpartien erreicht werden (z.B. Debre Damo). Auch die Inseln auf dem Tana-See beherbergen Klöster.

Die Häuser der gewöhnlichen Leute sind viel einfacher, aber keinesfalls weniger schön gebaut. Bei den semitischen Völkern herrschen Bauten aus Trockensteinmauerwerk vor, die teilweise mit Lehm verputzt sind. Die kuschitischen Völker und Gurage im Süden bauen ihre Rund (Tukl) oder Eckhäuser aus Holzgeflecht und Lehmverputz. Traditionell werden die Häuser mit Gras oder einem Flachdach aus Erde bedeckt. Neuerdings breiten sich entlang der Hauptstrassen auch teure, aber dauerhafte Wellblechdächer aus. Die Nomaden der Tiefländer leben meist in Zelten aus Tierhäuten oder Bambusmatten.

Die Inneneinrichtung der Wohnhäuser ist denkbar einfach. Sie besteht aus einer offenen Feuerstelle, einigen Pfannen und Küchengeräten, einem oder zwei kleinen Holzhockern und möglicherweise aus einem Bett (Holzgestell, mit einer Kuhhaut bezogen). Als Bettzeug dient den einfachen Bauern ihre Schama, der Überwurf aus Baumwolle, der tagsüber als geschlungenes Oberhemd getragen wird. Eine Blech- oder Holztruhe beinhaltet die wenigen Ersatzkleider und sonstigen Habseligkeiten. In eingelassenen Mauerlöchern werden kleine Öllampen als Lichtspender aufbewahrt.

Die heutige Regierung hat die Elektrifizierung weit vorangetrieben und viele Wasserkraftwerke und Stromleitungen gebaut. Ziel, welches beinahe erreicht ist, ist die Stromversorgung aller Zentren der Distrikte (alle Woreda). Ähnliches gilt für Antennen des Mobilfunknetzes und für Glasfaserkabel für IT Transfer.

„Wie wenig einfache Leute an Hausrat besitzen, wurde mir erst aufgrund eines persönlichen Erlebnisses klar. Während zwei Jahren wohnte ich in einem kleinen Dorf im Norden des Landes. Die Beschaffung von Eiern bereitete mir lange Schwierigkeiten, weil niemand verkaufen sollte. Meine Hausmutter, Mamma Ghidena, hatte dann den glänzenden Einfall, leere Dosen und Gläser gegen Eier einzutauschen. Die Leute waren begeistert und tauschten 20 Eier für eine leere Konservendose und 40 für eine leere Whiskyflasche. Abfallprobleme gab es in diesem Dorf keine.“

Verstädterungstendenz und Städtewachstum sind zur Zeit enorm. Es herrscht eigentliche Landflucht und die urbanen Zentren mit neuen Lebensperspektiven wachsen jährlich um 8 Prozent. Die Preise für Immobilien wachsen rasend, und der Besitz eigener vier Wände bleibt für alle oberstes Lebensziel.

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