180 Pakwach

Die Stadt Pakwach liegt am linken Ufer des Weissen Nils.

Die Kleinstadt ist für die Region ‚West Nile‘ das Zentrum für Verwaltung und Handel. Zugleich ist sie Hauptstadt des Distrikts Nebbi. Fischerei und Landwirtschaft prägen die Ökonomie.

Uganda GrasantilopePakwach und noch mehr die nördlich gelegene Grenzstadt Arua sind Transitzentren für Gold aus dem Ostkongo und dem Südsudan.

In der Region des heutigen Nordwestuganda am Albertsee stiessen seit Mitte des 19. Jahrhunderts die Einflusssphären von Ägypten und England aufeinander. Vorher diente die Region jahrhundertelang als Jagdgebiet für arabische Sklavenjäger. Allein in den 1860er und 70er Jahren wurden jährlich um die 30’000 Menschen in Norduganda gejagt und gelangten als Sklaven nach Khartum und Ägypten. Wer den langen Marsch überlebte, wurde in die arabischen Länder weiterverkauft.

Uganda war der Kulminationspunkt des ‚Scramble for Africa‘ Ende des 19. Jahrhunderts. Während der Berliner Konferenz 1884 wurde Afrika aufgeteilt. England stiess von Ostafrika ins Innere vor, Ägypten von Norden, Frankreich von Westen, Belgien von Südwesten und Deutschland vom südlichen Ostafrika.

Die Khediven von Ägypten hatten sich bereits den Sudan gegriffen und den Sudd durchquert. Eine führende Rolle spielte dabei Emin Pascha.

Emin Pascha

Emin Pascha wurde 1840 als Eduard Schnitzer in Schlesien (damals deutsch, heute polnisch) geboren. Sein abenteuerliches Leben spülte ihn nach Ägypten und in ägyptischem Auftrag in die Region des heutigen Südsudans und Norduganda, wo er Gouverneur der Provinz Equatoria wurde.

Seinen Hauptposten errichtete er in Wadeley nördlich von Pakwach. Doch dem Stellvertreter Ägyptens blieb kaum Zeit, eine Verwaltung zu organisieren, denn der langjährige Aufstand der Mahdisten im Sudan schnitt ihn von Ägypten ab. (Der Aufstand der Mahdisten im Sudan war eine Rebellion gegen die Fremdherrschaft der Ägypter und basierte auf fundamentalistisch-religiösen moslemischen Pfeilern. Im Hintergrund war es auch eine Reaktion auf ‚die Moderne‘, die Ägypten, ein zunehmender Vasall Englands, in seine Gebiete trug.)

Equatoria

Die Provinz Equatoria lag im Schnittpunkt kolonialer Interessen: Ägypten (und mithin England) stiessen von Norden her vor. England hatte sich an der Küste Kenyas festgesetzt und von Westen drängten die Franzosen heran. Belgien hatte im Kongo durchaus Gelüste, weiter nach Osten vorzurücken. Dazu kamen die Sklavenhändler, die in richtigen Armeen von Osten (Zanzibar) und vom Sudan aus in der ganzen Grossregion operierten. Auch die lokalen Fürsten und Ethnien waren zerstritten: autochthone Kräfte konnten den fremden Mächten nicht widerstehen. Über die explosive Landkarte fegte der kompromisslose Aufstand der Mahdisten.

Emin Pascha hielt sich also auf einem Pulverfass auf. Meist war er im Fort Dufile, das sich an der linken Uferseite des Nils kurz vor der heutigen Grenze zum Südsudan befindet. Eigentlich war er zu dem Moment ein Gefangener seiner meuternden Soldaten. Das Herannahen der Mahdisten veranlasste die Meuterer jedoch, ihn mit Frauen und Kindern auf einem Dampfer den Nil aufwärts zum Fort Wadeley ziehen zu lassen. Fort Dufile wurde dann 1888 von den Mahdisten eingenommen.

Emin Pascha und Stanley

Die Kunde über einen Europäer in bedrängender Not gelangte nach ein paar Monaten und zu damaliger Zeit also schnell nach England. In Europa brach ein wahres Fieber aus, ihn zu retten. Expeditionen wurden ausgerüstet und entsandt. Es war der Afrikaforscher Stanley, der Emin Pascha noch im Jahr 1888 erreichte. Stanley musste ihn richtiggehend überreden, mit ihm an die Küste zu gehen.

Doch Emin Pascha, die unruhige Seele, zog es zurück ins Herz Afrikas. Im Auftrag des damaligen Deutschen Reiches machte er sich 1890 wieder ins Innere Afrikas auf. Unter ungeklärten Umständen wurde er zwei Jahre später in der Region des heutigen Kisangani ermordet. Wahrscheinlich von Sklavenjägern. Als Ort wird Kinena und ebenso Nyangwe erwähnt.

Der Name Emin Pascha ist den Menschen im Nordwesten Ugandas noch heute ein Begriff. Doch wer Spuren sucht, findet nur noch wenig von Emin Paschas Präsenz vor fast 150 Jahren. Von seinem Fort in Wadeley ist nichts mehr erhalten. Eine mannshohe Pyramide erinnert zwar an Emin Pascha und ein kleines Museum beschreibt die Rolle des Sklavenhandels in der Region. Auch vom Fort Dufile ist nichts mehr zu sehen.

Pakwach

Wer in heutigen Zeiten Pakwach besucht atmet zwar Geschichte. Doch an historischen Artefakten zu sehen ist nur noch wenig. Nach der Nilbrücke führt eine geschwungene Kurve zum Stadtbeginn und dann als kerzengerade Strasse mitten durch Pakwach. Eine unaufgeregte Kleinstadt, umlagert von den Rundhütten der einfachen Bevölkerung.

Von der Nähe zum Murchison Falls National profitiert die Kleinstadt Pakwach nur bedingt. Hingegen ist Pakwach für die Gebiete westlich des Nils das Tor zu Uganda. Die elf Distrikte westlich des Nils sind genauso verloren wie die Nordostgebiete des Kongo (RDC) und die Südwestgebiete des heutigen Südsudans. Der Fluch der Geografie – und der Geschichte – haben sie ins Abseits gestellt.

Die Gebiete westlich des Nils waren vor keinen 150 Jahren noch beliebte Fanggebiete der Sklavenjäger. Rückständig sind sie geblieben. Sie sind nur durch Lateritstrassen erschlossen. Die Leute leben von Landwirtschaft und etwas Viehzucht. Strohgedeckte Rundhäuser bilden Weiler und selten Dörfer. Hier und dort eine Kirche und ab und zu eine baufällige Schule. Beschränkter Zugang zu Wasser oder gar Trinkwasser, auch in den wenigen Städte mit Wellblechdächern.

Alle sind überfüllt: Landflucht und immer wieder Camps mit Flüchtlingen, mal von hier, mal von dort. Und Grenzkonflikte mit den Nachbarländern. Und immer wieder die Verheissungen der Geologie: kaum findet jemand ein bisschen Gold oder einen Edelstein, strömen Hunderte, ja Tausende herbei, um ihr Glück zu finden.

Die ugandische Distrikthauptstadt Koboko an der Grenze zum Kongo (RDC) und Südsudan ist nur gerade 550 km von der Hauptstadt Kampala entfernt – aber es liegen Welten dazwischen.

 

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