8. Ursprungsland von Kaffee und Hirse

Die uralte Kulturgeschichte sowie die reiche Vielfalt von Klima und Boden haben in Äthiopien eine riesige Fülle verschiedener Arten und Sorten von Kulturpflanzen entstehen lassen. Diese genetische Vielfalt ist weltweit einmalig und ein Paradox angesichts der schlechten Versorgungslage.

Die Wissenschafter der Gen-Bank in Addis Abeba, einem von der Bundesrepublik unterstützten Institut, das die Aufgabe hat, seltenes Erbmaterial von Kulturpflanzen sicherzustellen und durch Tiefkühlung der Nachwelt zu erhalten, schätzen, dass in Äthiopien
– einige Dutzend anderswo unbekannte Kulturpflanzen
– einige Hundert verschiedene Getreidesorten und
– einige Tausend unterschiedliche Landrassen (d.h. Samenmischungen) vorkommen.

In den westlichen Ländern und der Dritten Welt, wo flächendeckend Hochertragssorten eingeführt worden sind, gibt es nur noch wenige Zuchtstämme, meist in den Händen von Pflanzenzüchtern. Eine derartige genetische Schmalspurigkeit könnte sich eines Tages als gefährlich erweisen (zum Beispiel im Falle neuer Krankheiten). Deshalb ist es wichtig, die genetische Vielfalt Äthiopiens zu erhalten. Die Zukunft der ganzen Menschheit könnte einst von den Getreidesorten der äthiopischen Kleinbauern abhängen.

Die Provinz Kaffa ist das sogenannte Genzentrum des arabischen Kaffees (Bergkaffee). Es handelt sich um die köstlichste und aromareichste Art, die der guten Kaffeemischung in kleinen Mengen beigemischt wird.

Auch die Zuchtstämme verschiedener Hirsen stammen aus Äthiopien (unter Hirse weden häufig alle afrikanischen alt-Getreidesorten zusammengefasst, obwohl sie botanisch wenig Gemeinsamkeiten aufweisen).

Teff, sozusagen das Nationalgetreide, wird einzig in Äthiopien angebaut (ausser im Futter(gras)bau). Weitere Kulturpflanzen, die nur hier vorkommen, sind die erwähnte Ensete der Gurage, die Kohlbäume der Konso und die Knollenfrüchte der Oromo. Insbesondere gibt es viele spezielle Arten von Erbsen und Bohnen sowie Gewürzpflanzen.

Bei Weizen und Gerste, aber auch Sorghumhirse, Perlhirse und Fingerhirse, gibt es eine Fülle von Sorten mit unterschiedlichen Wachstumsanforderungen. Als sogenannte Landrassen werden Getreidemischungen aus verschiedenen Sorten bezeichnet, die sich über Jahrhunderte den Bedingungen eines bestimmten Feldes oder Gebietes angepasst haben. Sie liefern nur bescheidene Erträge, sind dafür aber relativ krankheits- und dürrebeständig; die Sortemischung verteilt zudem die Risiken.

Obwohl im Land rund dreissig verschiedene Fruchtbäume wachsen (von Bananen, Zitrusfrüchten, Avocados bis zu Äpfeln und Pflaumen) und die Klimavielfalt auch den Anbau fast aller Gemüsesorten erlaubt, besitzen diese Produkte für die ländliche Bevölkerung nur wenig Bedeutung. Einzig in Eritrea und in der Nähe von Addis Abeba gibt es spezialisierte Beerenplantagen, Weinberge und Gemüsefarmen. Sie werden deshalb hier nicht behandelt.

Zur Zeit hat eine Gartenproduktionsbewegung eingesetzt. Auch die künstliche Bewässerung ist im Vormarsch. Unter internationalem Einfluss werden häufig auch  neue Getreidesorten und andere Hochleistungssamen verwendet, welche die genetische Vielfalt bedrohen und Kunstdüngereinsatz verlangen. Allerdings gibt es auch Bio-Bewegungen.

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